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Innovative Wohnprojekte

Sind Vertical Villages die Zukunft der Stadtplanung?

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Wie werden wir in Zukunft wohnen und wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Begriffe wie Urbanisierung oder Stadtflucht reichen für die Beantwortung dieser hochaktuellen Debatte nicht mehr aus. Trendforscher sprechen jetzt von einer neuen Entwicklung, die beide Aspekte vereinen könnte: Vertical Villages. Kann das Konzept die Vorteiler urbaner Infrastruktur und nachbarschaftlicher Nähe vereinen?

Vertical Village von Tom Fisk auf Pexels.

Vertical Village: Ein bisschen Dorf in der Stadt?

Die Richtung ist klar: Junge Menschen ziehen weiter in die immer voller werdenden Städte. Auch wenn in den vergangenen Jahren immer wieder junge Familien aus ökonomischen wie ökologischen Gründen in die Randbezirke oder aufs Land ziehen, ist der Trend zur Urbanisierung ungebrochen. Die Metropolen wachsen.

Gleichzeitig zeigen erfolgreiche Einrichtungstrends wie Hygge und Cocooning das menschliche Grundbedürfnis nach Nähe und Geborgenheit. Die Digitalisierung mit ihrem Versprechen von globaler Kommunikation kann diesen Wunsch nach persönlichen Verbindungen nur unzureichend befriedigen. Große Städte mit ihrem Hang zur Anonymität versuchen zwar vermehrt, soziale Begegnungsräume zu schaffen, doch Jahrzehnte autofreundlicher Architektur lassen sich nur langsam zurückbauen.

Vertical Villages versuchen, einen Mittelweg zu finden und ein bisschen ländliches Gemeinschaftsgefühl in die Stadt zu integrieren. Das Dorf soll in diesen zukunftsweisenden Wohnprojekten in die Höhe wachsen – mit Einkaufsmöglichkeiten, Begegnungsräumen und Freizeitaktivitäten in fußläufiger Distanz. Im Gegensatz zur Anonymität bisheriger Hochhäuser könnten Bürokomplexe zu Quartieren mit einer lebendigen Nachbarschaft entwickelt werden. Individuelles Wohnen trifft hier auf einen neuen Heimatbegriff, junge Studierende auf ältere Generationen, urbane Infrastruktur auf soziale Teilhabe. Die Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern sieht darin einen der wichtigsten Megatrends der kommenden Jahre .

Zukunftsweisende Wohnprojekte

Neu geplante Wohnprojekte stehen dabei vor der Herausforderung, die organisch gewachsene Struktur eines Dorfes künstlich nachzuahmen. Stadtplaner, Immobilienfirmen und Architektinnen müssen die Vorteile von Stadt und Dorf miteinander vereinen und dabei auch die individuellen Bedürfnisse nicht außen vor lassen. Erst dann offenbart sich, ob der Begriff nur Marketing ist oder das Village seinen Namen auch verdient.

Konkrete Beispiele zeigen, dass ein wichtiger Erfolgsfaktor ein stimmiges Gesamtkonzept ist. Dabei gibt es viele Ausrichtungen – vom autofreien Ökodorf mit Carsharing-Anbindung bis zum Corporate Village, das von einer bestimmten Unternehmensphilosophie geprägt ist. Wenn sich die Menschen auf ein gemeinsames Wohn- oder gar Lebenskonzept einigen, wächst die Gemeinschaft schneller und enger zusammen. Ein hohes Maß an Mit- und Selbstbestimmung kann diesen Effekt noch verstärken.

Das Verhältnis von Privat- zu Sozialräumen ist in modernen Vertical Villages anders als in klassischen Quartieren: Oft treffen eher kleinere Wohnflächen auf größere Begegnungsstätten. Co-Living-Dörfer wie das KoDorf in Wiesenburg oder das Lichtenrader Revier in Berlin setzen bewusst auf offene Räume, die die Funktion eines Dorfplatzes besitzen: große Gemeinschaftsküchen, Freizeitplätze oder auch kleinere Flächen für individuelle Begegnungen. Letztere feiern auch außerhalb größerer Einbettungen Erfolge. Innovative Parklets in urbanen Zentren , die der Anonymität der Großstadt etwas entgegensetzen wollen, sorgen für die so wichtige soziale Nähe innerhalb einer nachbarschaftlichen Gemeinschaft.

Urbane Begegnungsstätte von Tom Byrom auf Unsplash.

Urbane Quartiere mit Begegnungsstätten sind momentan sehr beliebte Wohnprojekte. (Foto: Tom Byrom auf Unsplash)

Tiny House Villages: Die neue Lust auf Land

Ein ähnliches Prinzip findet man in den immer beliebter werdenden Tiny House Villages. Auch hier trifft der Wunsch nach dörflicher Nähe auf die Vorteile individuellen Wohnens, oft gepaart mit einem nachhaltigen und minimalistischen Lebensstil. Mit diesen gemeinsamen Werten im Blick lässt sich schnell eine funktionierende Gemeinschaft gründen, die bewusst auch Generationen verbindet und Inklusion fördert, wie das Tiny-House-Projekt im bayerischen Ursberg zeigt.

Ähnlich wie in den Vertical Villages wird hier der persönliche Wohnraum zugunsten der gemeinschaftlichen Flächen verringert. Der Trend zum Mikrowohnen lässt sich hier um eine Ebene erweitern: Wenn die Wohneinheiten kleiner werden, bleibt mehr Platz für das Sozialleben außerhalb der eigenen vier Wände – sowohl physisch als auch psychologisch. Diese neue Form der Raumplanung hat das Potenzial, die Art unseres Zusammenlebens nachhaltig zu verändern.

Inneneinrichtung eines Tiny House von Andrea Davis auf Unsplash.

Kleinere Wohnungen für mehr Gemeinschaftsraum: Das ist die Devise in Tiny House Villages. (Foto: Andrea Davis auf Unsplash)

Räumliche Optimierung nach menschlichen Bedürfnissen

Die Urbanisierung bleibt ein globaler Megatrend. Dem Wunsch nach mehr Gemeinschaftsgefühl entspringen Gegen- und Ausweichbewegungen wie die Vertical Villages. Die zugrunde liegende Herausforderung ist der Umgang mit unserem Raum und den unterschiedlichen Bedürfnissen: individuelles Wohnen und soziale Begegnung, grüne Naherholung und zentraler Wohnraum, regionale Lebensmittel und urbanes Lebensgefühl.

Kreative Architekturen können hier helfen: Urban Farming, oft ebenfalls vertikal entworfen, versucht die Lieferwege für Lebensmittel zu minimieren und mitten in der Stadt Optionen für die Versorgung zu schaffen. Auch die dezentrale Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen nimmt weiterhin zu und verspricht eine größere Autarkie für moderne Wohnprojekte.

Am Ende sind Projekte und Begriffe, von vertikalen Dörfern oder Städten über Mikroapartments bis hin zu den Tiny House Villages, so vielfältig wie die Menschen selbst. Der Markt entwickelt sich rasant und zeigt immer wieder neue, spannende Lösungen für zahlreiche Wohn- und Lebenskonzepte.

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