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Nachhaltige Einrichtung

Recyclingmöbel weisen den Weg in die Zukunft

Natürliche Rohstoffe, nachhaltige Produktion und innovative Geschäftsmodelle: Die Möbelbranche wird immer nachhaltiger und reagiert damit auf das steigende Umwelt- und Qualitätsbewusstsein der Kunden. Nun rücken auch Recyclingmöbel immer mehr in den Fokus. Sie geben Restmaterialien und sogar Haushaltsabfällen ein zweites Leben, sind zum Teil biologisch abbaubar und sehen dazu noch richtig gut aus. Können sie die Branche grundlegend verändern?

Impressionen 2020

Die Möbelkollektion „Chamfer” des Start-Ups WYE wird aus einem Holzwerkstoff aus Industrieabfällen hergestellt. (Foto: WYE) Mehr zum Hersteller bei ambista .

Von Altholzmöbeln bis Kunststoffrecycling

Durch die intensive Erprobung und die tatsächliche Nutzung von recycelbaren Materialien wurden mit der Zeit immer mehr alternative Ressourcen für die Möbelproduktion aufgetan. Was sich dank technologischen Fortschritts und innovativer Prozesse alles für die werkstoffliche Verwertung eignet, wäre vor einiger Zeit fast undenkbar gewesen.

Das deutsche Start-Up WYE gibt zum Beispiel Altholzmöbeln eine ganz neue Bedeutung: Die beiden Gründer haben einen eigenen Holzwerkstoff aus Industrieabfällen entwickelt und stellen daraus puristische, modulare Möbelstücke her.

Auch Altpapier und Kartons finden ein zweites Leben in neuen Möbelstücken, wie das Startup ROOM IN A BOX mit seinen Betten und Regalen aus recycelter Wellpappe beweist.

Dass Plastik nicht länger die Meere verschmutzen und Tieren zum Verhängnis werden muss, zeigen zahlreiche Beispiele für Recyclingmöbel aus Kunststoffverpackungen und Meeresplastik. Der niederländische Möbelhersteller Vepa etwa produziert hochwertige Sitzmöbel mit Filz aus PET-Flaschen , die aus Grachten und dem Meer gefischt wurden. Der junge Design-Student Alexander Schul kam auf die Idee, alte Joghurtbecher in dünne Platten mit Terrazzo-Optik zu schmelzen. Er erhielt dafür nicht nur den Ro Plastic Price 2019, sondern holte sich zudem Unterstützung vom Unternehmen Smile Plastics. Aus der Zusammenarbeit entstanden zu 100 Prozent recycelte Lampen und Beistelltische.

„Felt” Stühle von Vepa

Das holländische Unternehmen Vepa produziert die hochwertigen Filz-Stühle „Felt” aus recycelten PET-Flaschen . (Foto: Vepa)

„Bett 2.0” aus recycelter Wellpappe von ROOM IN A BOX

Das Startup ROOM IN A BOX stellt nachhaltige Möbel aus recycelter Wellpappe her. (Foto: ROOM IN A BOX)

Natürliche Möbel aus Recyclingmaterial

Doch nicht nur Verpackungsmüll dient als nützlicher Rohstoff für Recyclingmöbel. Lebensmittelabfälle eignen sich ebenso hervorragend für die werkstoffliche Verwertung. Cafés produzieren kiloweise Kaffeesatz, der auf Müllhalden schädliches Methangas entwickeln kann. Das macht sich unter anderem das Startup Kaffeeform zunutze und sammelt seit 2015 den Kaffeesatz in Berliner Cafés und Röstereien ein. Daraus produzieren sie dauerhaft nutzbare To-Go-Becher und Espressotassen, die sogar spülmaschinenfest sind.

Die Möbelbranche ist ebenfalls auf den Kaffeegeschmack gekommen: Der Designer Joshua Renouf entwickelte 2019 mit Smile Plastics das weltweit erste Möbelstück aus recyceltem Kaffee. Auf seinem Blog erzählt Renouf mehr über den eleganten Couchtisch als das erste von vielen Kooperationsprojekten. Wie stabil Recycling-Werkstoff aus Kaffeesatz ist, zeigte auch das Unternehmen Zuiver. Ebenfalls 2019 nutzten die Designer 42,5 Prozent Kaffee für die Schale des kultigen Albert Kuip Stuhls in einer Sonderedition.

Selbst Kerne von Früchten haben großes Recyclingpotenzial. Sie können als Abfallmaterial in der Lebensmittelindustrie eingesammelt und wiederverwertet werden. So stellt das Schweizer Unternehmen Uniquefloor strapazierfähigen Bodenbelag aus Nussschalen oder Aprikosenkernen anstelle von Gummigranulat her. Und die Hängelampe „Persea” von Designerin Kathrin Breitenbach besteht aus einem Material aus gemahlenen Avocadokernen.

Upcycling: Das Material gibt das Design vor

Während einige Designer und Möbelhersteller einzelne Möbel aus recyceltem Material produzieren, setzen andere in ihren Konzepten ganz und gar auf das Prinzip der Circular Economy .

Wie zum Beispiel die spanisch-italienische Designerin Patricia Urquiola. Statt sich zu fragen, wie sie ein Möbelstück nachhaltig gestalten kann, lässt sie sich von Materialien und ihren spezifischen Eigenschaften leiten – „Form follows fabric” sozusagen. So entstanden zum Beispiel ihre Sitz-Socken aus recycelten Möbelstoffen . Für ihre Arbeit verlässt sie gerne die Komfortzone, probiert Neues aus – und scheitert mitunter auch. Sie begreift Fehler als essentiellen Bestandteil des kreativen Prozesses. Und genau das braucht es, um die Möbelbranche und andere Industriezweige von Grund auf zu erneuern.

Ein weiteres Beispiel sind die Brüder Humberto und Fernando Campana aus Brasilien. Sie arbeiten eher unkonventionell, ihre Inspiration holen sie sich aus der Natur und auf der Straße. Aus alten Teppichen, Stofftieren oder Haushaltsgeräten entwerfen sie Ideen für neue Leuchten oder Stühle . Am liebsten wenden sie dabei die Collage-Technik an. Damit spiegeln sie das einfache, von Armut geprägte Leben in den Favelas ihrer Heimat Brasilien wider, wo häufig aus der Not heraus extrem kreative Lösungen entstehen.

Recycling als Leitprinzip beim Bauen

Es zeigt sich ein Umdenken beim Bauen. Ob natürliche Rohstoffe, die wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können, der Verzicht auf nicht abbaubare Klebstoffe oder Recyclingsteine aus Resten: Cradle-to-Cradle-Projekte wie die Experimentaleinheit UMAR führen vor, in welche Richtung sich die Branche ändern kann.

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