Köln: 12.–16.01.2025 #immcologne

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UMAR

Nachhaltiges Bauen als innovatives Architekturprojekt

Unsere Ressourcen werden immer knapper. Dabei geht es nicht nur um Öl und Gas, sondern auch um diverse Baustoffe. Zudem führt der Wunsch nach eine Abkehr von der heutigen Wegwerfmentalität dazu, dass sich die Baubranche Gedanken über die Mehrfachnutzung von Materialien machen muss. Wie wir in Zukunft mit dem Bau von Häusern umgehen könnten, zeigt etwa die Experimentaleinheit UMAR (Urban Mining & Recycling).

Unit UMAR im NEST der Empa

Außenansicht der Unit UMAR im NEST der Empa. Foto: Zooey Braun, Stuttgart

UMAR ist eingebettet in das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude NEST auf dem Campus der Swiss Federal Laboratories for Materials Science and Technology, Empa im schweizerischen Dübendorf. Dabei handelt es sich um ein Wohnmodul, das aus drei Räumen besteht. Es soll aufzeigen, dass es möglich ist, ressourcenschonend zu bauen und zugleich eine ansprechende Architektur zu gestalten.

UMAR-Küche

Die Steine der Drehwand hinten im Foto wurden aus mineralischem Bauschutt gebacken. Foto: Zooey Braun

Der Entwurf stammt von Prof. Werner Sobek, Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart, in Zusammenarbeit mit Prof. Dirk Hebel und Felix Heisel vom Karlsruher Institut für Technologie. „Das nach wie vor anhaltende Wachstum der Weltbevölkerung sowie zur Neige gehende Ressourcen erfordern dringend ein Umdenken im Bauwesen“, erklärt Werner Sobek. „Wir müssen künftig mit sehr viel weniger Materialien für sehr viel mehr Menschen bauen.“

UMAR erprobt das Bauen mit vollständig wiederverwendbaren-, wiederverwertbaren oder kompostierbaren Materialien und Produkten, die sortenrein und rückstandsfrei in ihre jeweiligen Stoffkreisläufe zurückgeführt werden können. Der Kreislaufgedanke soll in einer nachhaltigeren Bauwirtschaft eine zentrale Rolle spielen: „Die verwendeten Materialien werden nicht verbraucht und dann entsorgt; sie sind vielmehr für eine bestimmte Zeit aus ihrem Kreislauf entnommen und werden später wieder in diesen zurückgeführt“, erklärt Dirk E. Hebel das Konzept. In der NEST-Unit «Urban Mining & Recycling» kommen dementsprechend verschiedene, seriell verarbeitete Bauelemente zum Einsatz, deren unterschiedliche Materialien sortenrein und rückstandsfrei in ihre jeweiligen Stoffkreisläufe zurückgeführt werden können.

Umar-Reallabor

Die Experimentaleinheit UMAR versteht sich als Reallabor und besteht aus drei Räumen. Sie wird temporär von zwei Studierenden bewohnt. Foto: Zooey Braun

Das Tragwerk besteht ebenso wie große Teile der Fassade aus unbehandeltem Holz, das nach dem Rückbau wiederverwendet bzw. kompostiert werden kann. „Hier liegt die Innovation in den Verbindungen“, erklärt Felix Heisel vom KIT. „Sämtliche Verbindungen können einfach rückgängig gemacht werden, weil die Materialien beispielsweise nicht verklebt, sondern gesteckt, verschränkt oder verschraubt sind.“ Das eingesetzte Holz wird zudem so verwendet, dass eine sonst übliche chemische Behandlung nicht nötig ist und damit die sortenreine Wiederverwertung oder eine rein biologische Kompostierung möglich wird. Zudem besteht die Einfassung der Fassade noch aus wiederverwendetem Aluminium und Kupfer. Beide Metallarten können sortenrein eingeschmolzen und rezykliert werden. Im Innenbereich wurden verschiedenste, seriell verarbeitete Bauprodukte eingesetzt, deren unterschiedliche Materialien ebenfalls sortenrein und rückstandsfrei in ihre unterschiedlichen Stoffkreisläufe zurückgeführt werden können. Unter anderem sind das neuartige Dämmplatten aus Pilz-Myzelium, innovative Recyclingsteine, wiederverwertete Isolationsmaterialien sowie geleaste Teppichböden. Ebenso kommt eine multifunktionale Solarthermie-Anlage zum Einsatz.

Umar-Schlaf- und Arbeitsraum in einem

Arbeiten und schlafen in einem Raum: Die akkubetriebene, kabellose Leuchte Roxxane Leggera CL von Nimbus einfach mit ans Bett genommen werden, wenn sie dort benötigt wird. Foto: Zooey Braun

Der komplett vorfabrizierte und im Werk getestete Bau ist in Modulbauweise ausgeführt und innerhalb eines Tages ins Forschungsgebäude auf dem Empa-Campus in Dübendorf eingebaut worden. Im Anschluss zogen zwei Studierende in die Dreizimmerwohnung ein, die sich mit den beteiligten Forschern regelmäßig über ihre Alltagserfahrungen austauschen. „Mit der Umsetzung und der Demonstration des konsequenten Kreislaufkonzepts in einem realen und bewohnten Bauprojekt, erhoffen wir uns natürlich, dass wir ein Umdenken im Bauwesen anstoßen können“, sagt Enrico Marchesi, verantwortlicher Innovation Manager im NEST. „In Zukunft sollen Gebäude nicht nur Wohn- und Arbeitsraum bieten, sondern gleichzeitig auch als Materiallager für die nächste Generation dienen.“

Besucher können sich im Eingangsbereich der Unit sowie in einer eigenen Materialbibliothek über alle eingesetzten Materialien und Produkte informieren. UMAR ist somit nicht nur ein Materialspeicher, sondern auch ein öffentlicher Informationsspeicher, der als Vorbild und Anregung für andere Bauaufgaben dienen soll. „Das anhaltende Wachstum der Weltbevölkerung und zur Neige gehende Ressourcen erfordern dringend ein Umdenken im Bauwesen“, formuliert Werner Sobek sein Anliegen. „Wir müssen künftig mit sehr viel weniger Materialien für sehr viel mehr Menschen bauen. UMAR will einen Beitrag zum fälligen Paradigmenwechsel im Bauwesen leisten“. Das Modul soll ebenso als Laboratorium und Testlauf für ein Bauprojekt dient wie für den damit verbundenen Prozess. Ziel ist es, mit Partnern aus Planung, Verwaltung und Produktion zentrale Fragen des Bauwesens und des Ressourcenverbrauchs zu betrachten und daraus innovative Werkzeuge und Methoden zu entwickeln.

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