Online World: Wie der Möbelhandel im Netz gewinnt
Wer neue Kundschaft gewinnen will, kann sich nicht zurücklehnen und warten, dass sie zu einem kommt. Ein aktives Management der Online-Aktivitäten sollte 2025 nicht nur den eigenen Webauftritt beinhalten – auch die sozialen Medien haben sich von reinen Kommunikationsplattformen zu wichtigen Vertriebskanäle entwickelt. Dabei verkürzt Social Commerce den Weg vom Aha-Moment zum Checkout. Reels zeigen das 99-Euro-Beistelltischchen im Mini-Makeover, TikTok-Lives beantworten Fragen in Echtzeit – fertig ist der Impulskauf. Das funktioniert besonders gut bei visuell starken, unkomplizierten Produkten: Regalen, Hocker, Leuchten, Textilien. Je größer und komplexer das Möbel, desto eher wechseln Kund:innen zum Shop des Händlers: Vertrauen schlägt hier immer noch Viralität. Doch wer Social Commerce sinnvoll nutzt, inszeniert günstige Eyecatcher, sammelt Daten – und leitet bei Sofas oder Betten bewusst auf den eigenen Shop mit Beratung, Liefer- und Serviceversprechen weiter.
Direktvertrieb, aber pragmatisch
D2C heißt nichts anderes als Direct-to-Consumer, also der Direktverkauf, der auf den ersten Blick einige Vorteile für den Möbelhandel mit sich bringt: Datenhoheit, Markenführung und theoretisch bessere Margen. Praktisch sind die Kosten allerdings nicht zu unterschätzen: Traffic, Logistik und Service sind teuer, Akquise ebenfalls. Lieferfenster und Aufbau sind komplex. Klug ist es deswegen, mit einem Hybrid zu starten: D2C als Marken-Flaggschiff mit konfigurierbaren Varianten und Storytelling nutzen, über Online-Marktplätze für Einstiegsprodukte Reichweite schaffen, dazu punktuelle Pop-ups oder Shop-in-Shop-Flächen im Möbelhandel etablieren. So bleibt die Marke steuerbar – und das Volumen planbar.
Funktioniert online, aber auch im Store: Regal aus der neuen Søstrene Grene Kollektion Credit: Søstrene Grene
Preis ist wichtig, geliebt wichtiger
Richtig ist: Durch Vergleichbarkeit funktioniert im Onlinegeschäft viel über den Preis. Doch wer nur über Rabatt verkauft, verliert Marge und Marke. Erfolgreich ist „Loved Value“: spürbar viel Gegenwert fürs Geld. Das gelingt mit ehrlichen Materialien, klaren Garantien und kleinen Besonderheiten – die limitierte Saisonfarbe für den Bestseller-Sessel, das Starter-Set fürs erste Wohnzimmer, die Eigenmarke mit nachvollziehbarer Nachhaltigkeit. Drops statt Dauersale erzeugen Begehrlichkeit, Bundles heben Warenkörbe, Loyalty-Programme binden ohne die Preisliste zu zerschießen.
Die harte Wahrheit der letzten Meile
Möbel sind sperrig, empfindlich, teuer im Transport – die letzte Meile frisst den Businessplan, wenn man sie romantisiert. Wer flach verpackt, modular denkt und Montage vereinfacht, senkt Kosten und Reklamationen. Augmented-Reality-Previews, detailreiche Fotos, 30-Sekunden-Aufbauvideos und ehrliche Maßskizzen reduzieren Fehlkäufe – und damit Retouren, die im Möbelbereich zwar seltener sind als in Fashion, aber umso teurer. Ein sauberer Retourenprozess mit Abholung, Prüfung und Zweitvermarktung rettet Marge und Nerven.
Bringt Farbe ins Wohnzimmer: knalliger Beistelltisch HORNSYLD Credit: JYSK
Omnichannel heißt: dorthin gehen, wo die Kund:innen sind
Marktplätze liefern Reichweite, der eigene Shop liefert Marke. Beides bleibt – richtig orchestriert – kein Widerspruch. Und ja: Das Möbelhaus bleibt wichtig. Viele möchten Probesitzen, Materialien fühlen, mit jemandem sprechen. Showrooms, Click & Collect und lokale Abholpunkte verbinden Beratung mit Bequemlichkeit. Hier gehören auch Branchenevents ins Bild: Messen bieten in kurzer Zeit Marktüberblick, persönliche Kontakte und marktreife Neuheiten. Wer etwa im Januar in Köln unterwegs ist, sieht bei der imm cologne, was das Jahr tragen könnte – und macht aus Trend-Beobachtung konkrete Order.
Was Kund:innen wirklich wollen
Der Kern hat sich nicht geändert, nur die Erwartungshaltung: Möbel müssen bezahlbar sein, funktionieren – und gut aussehen. „Furniture-to-go“ für mobile Lebensphasen; modulare Systeme, die mitwachsen; Sofas mit abnehmbaren, waschbaren Bezügen; leichte Regale, die ohne Werkzeug stehen. Nachhaltigkeit zählt dann, wenn sie glaubwürdig ist: FSC statt Floskel, Recyclingstoffe statt Greenwashing. Design bleibt Pflicht – auch im Mid-Range. Organische Formen, warme Töne, matte Oberflächen machen Produkte alltagstauglich und fotogen zugleich.
Der Plan für 2026
Social Commerce wird am besten dort eingesetzt, wo Impulskäufe sinnvoll sind. Größere Anschaffung hingegen finden im Möbelhaus statt. D2C ist insofern eine Bühne für Marke und Daten. Marktplätze sind der Reichweitenmotor. Und der stationäre Handel ist der Vertrauensanker. Um alle drei Bereiche erfolgreich bespielen zu können, muss investiert werden: in Visualisierung, Verpackung, Service – und in Produkte, die Logistik mitdenken. Qualität und Nachhaltigkeit wiederum müssen über gut nachprüfbare Geschichten erzählt werden. Der Rest ist Handwerk: klare Sortimente, saubere Prozesse, verlässliche Partner. Dann wird sich die Onlinestrategie auszahlen.
Termin vormerken: 20.–23. Januar 2026 – imm cologne, Köln
Mehr Infos & Ausstellerliste:
www.imm-cologne.de
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