Kollege Computer: Wie KI der Möbelbranche hilft
Der Markt für KI in der Robotik wächst rasant. Aktuelle Analysen gehen davon aus, dass sich das weltweite Volumen bis Ende des Jahrzehnts in etwa verdreifacht, mit jährlichen Wachstumsraten von rund 30 Prozent1. Parallel dazu zeigen Studien zur Holz- und Möbelindustrie, dass Roboter und KI längst kein Experiment mehr sind, sondern im Alltag ankommen – vor allem bei Aufgaben wie Schleifen, Lackieren, Pick-and-Place, Verleimen und Montage sowie bei der Auswertung von Produktions- und Qualitätsdaten.
Das hat gute Gründe: Besonders im Volumensegment ist der Druck hoch. Viele Unternehmen kämpfen gleichzeitig mit Engpässen beim Personal, mit immer mehr Programmvarianten, mit kurzen Liefererwartungen und mit einem wachsenden Paket an Regulierungen. Die neue EU-Ecodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte und der geplante Digitale Produktpass verpflichten die Branche zu deutlich mehr Transparenz über Materialien, Herkunft, Reparierbarkeit und Entsorgungswege. Wer diese Entwicklungen zusammendenkt und frühzeitig in digitale Produktentwicklung, KI-gestützte Prozesse und saubere Datenstrukturen investiert, kann erste Lösungen im Austausch mit Handel und Verbundgruppen testen – und sie zum Beispiel auf der imm cologne in einem sehr praxisnahen Umfeld mit Entscheidungsträgern aus dem DACH-Retail schärfen.
Produktgestaltung neu gedacht: Individualisierung dank KI
In der Produktentwicklung zeigt sich der Einfluss von KI besonders deutlich. Generative Systeme können innerhalb kurzer Zeit Dutzende oder Hunderte Varianten eines Möbelstücks erzeugen, etwa bei Stuhlgestellen, Tischunterkonstruktionen oder Regalsystemen. Diese Varianten werden automatisch simuliert und hinsichtlich Stabilität, Materialeinsatz und Fertigungsaufwand bewertet. Eine aktuelle Übersicht zu Robotik und KI in der Möbelindustrie2 beschreibt genau diesen Trend: KI-gestützte Workflows dienen dazu, Materialverbrauch zu senken, Prozesse zu stabilisieren und die Produktivität zu erhöhen, ohne die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Für Hersteller im Low- und Midprice-Segment bedeutet das schnellere Entwicklungszyklen, besser kalkulierbare Varianten und weniger teure Fehlentwicklungen.
Noch spannender wird es, wenn diese Systeme mit Mass-Customization-Ansätzen kombiniert werden. Kundinnen und Kunden wählen Maße, Fronten, Farben oder Innenaufteilungen, während im Hintergrund eine KI prüft, ob die Konfiguration technisch machbar ist, Stücklisten und CNC-Daten (Computerized Numerical Control Data) generiert und realistische Lieferzeiten ausrechnet. Forschungsarbeiten zur Möbelindustrie betonen, dass ohne solche intelligenten Systeme die wachsende Variantenvielfalt kaum beherrschbar ist, vor allem wenn Serienfertigung und Losgröße 1 parallel laufen.
Mit „Decorify“ lassen sich Wohnträume realistisch für die eigenen Räume visualisieren Credit: Wayfair
Auf der Konsumentenseite entstehen gleichzeitig neue Erlebnisse. Onlinehändler wie Wayfair haben mit dem Tool „Decorify“ gezeigt, wie generative KI aus einem einfachen Foto des eigenen Wohnraums fotorealistische, neu eingerichtete Varianten erzeugt – inklusive direkt shoppbarer Produktempfehlungen aus dem vorhandenen Sortiment. Plattformen wie Planner 5D oder spezialisierte AI-Raumplaner erlauben es Nutzerinnen und Nutzern, Räume in wenigen Minuten virtuell mit verschiedenen Möbeln und Stilen zu testen, ganz ohne professionelle Planungserfahrung. Für Hersteller und Handel wird damit entscheidend, dass Produktdaten sauber strukturiert, digital planbar und KI-ready vorliegen. Wer das schafft, kann auch ohne eigene große Softwareentwicklung an solchen Customer Journeys teilhaben.
Robotik auf der Fläche: Cobots und fahrerlose Transportsysteme
In den Werken rücken Roboter immer näher an die Möbel heran. In vielen Betrieben übernehmen sie körperlich anstrengende, monotone und gefährliche Aufgaben. Studien zeigen, dass insbesondere Schleifen, Lackieren, Kleben, Montieren und Pick-and-Place automatisiert werden – mit messbaren Effekten bei Qualität, Ausschussquote und Arbeitssicherheit.
Ein anschauliches Beispiel liefert der serbische Massivholzmöbel-Hersteller Enterijer Mesički. Gemeinsam mit RoboDK und FANUC hat das Unternehmen eine Roboterzelle aufgebaut, in der Stuhl- und Tischkomponenten gefräst und geschliffen werden. Die Maschine übernimmt die wiederkehrend gleichen Bewegungen mit hoher Wiederholgenauigkeit, während sich die Fachkräfte stärker um Oberflächenfinish, Sonderanfertigungen und Qualitätssicherung kümmern. Das Ergebnis: stabilere Prozesse, weniger Ausschuss und eine Fertigung, die trotz Fachkräftemangel wachsen kann.
Mobile Industrieroboter machen die Möbelproduktion autonom, effizient, flexibel und sicher. Credit: KUKA/Formetal
Die deutsche Alfons Venjakob GmbH & Co. KG geht den nächsten Schritt in der Intralogistik und setzt fahrerlose Transportsysteme von ek robotics ein. In engen Gängen und bei hoher Variantenvielfalt bewegen die Fahrzeuge Möbelteile und Baugruppen automatisiert durch das Werk. In einem weiteren Projekt kombinieren KUKA und der italienische Spezialist Formetal autonome mobile Roboter mit einem Palettierroboter, der schwere Holzplatten automatisch stapelt und bewegt. Solche Lösungen entlasten Mitarbeitende physisch, erhöhen die Prozessstabilität und verkürzen Taktzeiten – und sie funktionieren auch in mittelständischen Strukturen, wenn Bauteile und Layouts früh genug „robotikfähig“ gedacht werden.
Gerade hier kann eine Messebühne helfen: Hersteller, deren Programme sich gut automatisiert fertigen lassen und deren Konstruktionen auf standardisierte Bauteile setzen, können auf der imm cologne sehr überzeugend zeigen, dass attraktives Design, verlässliche Lieferfähigkeit und wirtschaftliche Produktion im Volumenmarkt kein Widerspruch sind.
KI als neuer Mitarbeiter im Service
Nicht nur in der Produktion, auch im Kundenkontakt wird KI zum Teammitglied. Der europaweit aktive Möbelhändler mömax nutzt zusammen mit iAdvize einen generativen KI-Chatbot, der rund um die Uhr Fragen zu Sortiment, Bestellung und Lieferung beantwortet. Laut Case-Study erreicht die Lösung eine Automatisierungsrate von etwa 71 Prozent, also einen sehr großen Anteil der Anfragen, die vollständig digital gelöst werden, und erzielt nach Bot-Kontakt eine Conversion Rate von 13 Prozent.
Ein weiteres Beispiel kommt aus Australien. Der Onlinehändler Temple & Webster meldet Rekordumsätze und berichtet gleichzeitig, dass inzwischen mehr als 80 Prozent der Kundeninteraktionen automatisiert laufen und die Supportkosten dadurch um rund 60 Prozent gesunken sind. Entscheidend ist dabei nicht die einzelne Kennzahl, sondern das Muster dahinter: KI kümmert sich um häufige Standardfragen und einfache Beratungsfälle, während Menschen sich auf komplexe Projekte, Reklamationen und Planungen konzentrieren.
Für Hersteller ist das relevant, weil Handelspartner zunehmend Programme suchen, die sich sauber in solche digitalisierten Serviceprozesse integrieren lassen, von konsistenten Produktdaten über klare Verfügbarkeitsinformationen bis hin zu Services rund um Ersatzteile und After-Sales.
Bald benötigt: der digitale Produktpass für mehr Transparenz Credit: Generiert mit DALL-E
Der Digitale Produktpass: Datenbasis für KI und Kreislauf
Parallel zu KI und Robotik entsteht mit dem Digitalen Produktpass eine neue „Datenschicht“ über der Branche. Der DPP ist Teil der EU-Ecodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte und soll Daten zu Komponenten, Materialien, Reparierbarkeit, Zertifikaten und Entsorgungswegen bündeln. Die Möbelindustrie gehört nach aktuellem Stand zu den ersten Sektoren, die davon betroffen sein werden; allein in Deutschland spricht der Verband der deutschen Möbelindustrie von rund 16.000 Unternehmen der Einrichtungsbranche, die mittelfristig DPP-Pflichten umsetzen müssen.
Mit Furniture-X gibt es seit 2024 ein in Köln gegründetes Konsortium, das gemeinsame Standards und Prozesse für DPP-Daten speziell im Möbelsektor entwickelt und damit Insellösungen vermeiden will. Internationale Projekte wie der schwedische Forschungsverbund APPEND oder die Zusammenarbeit von Johanson Design mit Sigma Technology zeigen, wie solche Pässe technisch umgesetzt werden können: Ein Content-Management-System zieht Produktdaten automatisch aus dem ERP, generiert daraus digitale Produktpässe und macht sie über QR-Codes am Produkt und Schnittstellen für Handel und Service verfügbar.
Aus Sicht von KI sind diese Pässe ein echter Datenschatz. Erst wenn Informationen strukturiert vorliegen, können Algorithmen sinnvolle Analysen fahren, etwa zu CO₂- und Ressourcenfußabdrücken kompletter Sortimente, zur Reparaturwahrscheinlichkeit einzelner Produkttypen oder zum Potenzial für Rücknahme- und Refurbishment-Modelle. Unternehmen, die ihre Daten heute schon DPP-ready aufstellen, schaffen damit die Grundlage für zukünftige digitale Services im Handel, im After-Sales und in Second-Hand- oder Contract-Kanälen.
Was Unternehmen jetzt tun sollten und welche Rolle Köln spielt
Für Hersteller im Low- und Midprice-Segment führt kein Weg daran vorbei, KI, Robotik und Datenstrategie gemeinsam zu denken. Es geht darum, zentrale Bestseller schnell KI- und DPP-fähig zu machen, gezielt nach Einsatzfeldern für Cobots oder fahrerlose Transportsysteme zu suchen und die eigenen Produktdaten so aufzubereiten, dass sie in Konfiguratoren, Raumplanern und Service-Bots funktionieren.
Die Teilnahme an der imm cologne bietet in diesem Transformationsprozess einen handfesten Vorteil. Unternehmen können dort nicht nur ihre neuen Kollektionen, sondern auch ihre digitalen Lösungen sichtbar machen, im direkten Gespräch mit Einkäufern aus dem stationären Handel, Verbundgruppen und E-Commerce-Anbietern testen, wie anschlussfähig ihre Daten und Prozesse bereits sind, und sehr konkret ausloten, welche Investitionen als Nächstes sinnvoll sind. Wer heute die Weichen stellt, hat morgen nicht nur schöne Möbel im Programm, sondern auch tragfähige Antworten auf die Frage, wie sich Volumenmärkte unter den Bedingungen von KI, Robotik und strenger Nachhaltigkeitsregulierung profitabel bedienen lassen.
Termin vormerken: 20.–23. Januar 2026 – imm cologne, Köln
Mehr Infos & Ausstellerliste:
www.imm-cologne.de
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StartUs Insights –
Artificial Intelligence and Robotics Report 2025 / Global Industry Analysts –
Artificial Intelligence (AI) Robots – Global Strategic Business Report / The Business Research Company –
Artificial Intelligence (AI) Robots Global Market Report
ScienceDirect –
A survey on recent trends in robotics and artificial intelligence in the furniture industry