Köln: 12.–16.01.2025 #immcologne

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Interview Esther Jongsma zum Pure Talents Contest

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Erstmals setzte sich die Jury des Pure Talent Contests aus ehemaligen Teilnehmenden des Wettbewerbs zusammen. Esther Jongsma von VANTOT stand Rede und Antwort über ihre Erfahrungen.

Esther Jongsma, Foto: Guido Schiefer

Womit beschäftigen sich junge Designer zurzeit? Was treibt sie an?

Bei der Jurierung sah ich viele schöne Dinge – nicht bloß als Rendering, sondern auch als Modell. Vor allem aber waren es weniger einzelne Themen, die mir aufgefallen sind, als das Prinzip, sich intensiv und verantwortungsbewusst mit dem Projekt und dem kompletten Designprozess zu befassen. Das war wirklich schön zu sehen. Viele der Teilnehmer steigen tief in die Materie ein – sei es in Form von Recherchen zu sozialen Aspekten, in Form von Materialstudien oder anderes. Das entspricht auch meiner Ausbildung und Arbeitsweise. Das Experiment war vielen mindestens genauso wichtig wie die Ästhetik oder kommerziell motivierte Ergebnisse. Viele der Entwurfsideen waren materialbasiert, testeten neue Techniken aus und und behandelten sämtliche Bereiche des Wohnens bis hin zu den Dachziegeln! Aber da wir uns bei VANTOT auch viel mit Licht beschäftigen, fiel mir besonders die spielerische Leichtigkeit auf, mit der die jüngeren Designer mit unterschiedlichen Lichtquellen experimentieren.

Und was ist mit Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig, ja, aber kein Hauptthema. Zumindest ist Nachhaltigkeit nicht mehr der eigentliche Sinn oder die Botschaft eines Produkts, das ja auch in ästhetischer und ergonomischer Hinsicht überzeugen muss. Die Entwürfe schreien nicht mehr so laut: „Seht her, ich bin nachhaltig!“ Vielmehr ist das Nachhaltigkeitskonzept heute integraler Bestandteil jedes guten Entwurfs. Dazu gehen Designer das Problem von allen Seiten an – vor allem über Material und Technik.

Gibt es auch Trends in Hinsicht auf die Ästhetik von Wohnobjekten, die sich an den Wettbewerbsbeiträgen ablesen lassen?

Neben dem minimalistischen Charakter, der heute im Design dominiert und der auch eher unsere Arbeiten ausmacht, meine ich eine Tendenz festzustellen, ins Gegenteil auszubrechen und eine Lust am Überschwang von Details, Farben und Mustern auszuleben. Die neue Designergeneration ist vielleicht grundsätzlich freier und unbelasteter, was die Verwendung von Ornamentik anbelangt. Auch im Alltag in den Niederlanden, wo ich herkomme, fällt ein spielerischer Umgang mit allen Arten von Schmuckformen, Plastik und Farben auf – vielleicht brauchen wir das in diesen Zeiten.

Was hat dir sonst noch besonders gefallen?

Dass viele Arbeiten in Teams entstanden sind. Gerade bei den Einreichungen in der Kategorie Spaces gab es überraschend viele multinationale und interdisziplinäre Teams aus ganz unterschiedlichen Designschulen. Fast schon so etwas wie eine interkulturelle Zusammenarbeit bei Projekten im öffentlichen Raum, der ja oft noch als originär nationale Aufgabe verstanden wird – das macht Mut

Wo siehst du die größten Probleme für junge Designer?

Ich weiß nicht, ob es an der Zeit der Isolation durch die Pandemie liegt, aber die kommunikative Seite von Design ist ein häufiger Schwachpunkt der Studienarbeiten. Manches ist zu weit hergeholt oder zu kompliziert. Dabei muss ein Entwurf sprechend und intuitiv erfahrbar sein, um zu überzeugen und auf einer Messe Erfolg zu haben.

Wo sind die Auswirkungen der Pandemie zu spüren?

Mir scheint, viele Menschen sind sehr auf sich und ihre Welt fokussiert. Wir leben alle noch ein wenig in unserer Bubble. Deshalb ist es auch eine so fantastische Gelegenheit, auf der imm cologne ausstellen, Menschen aus aller Welt treffen und sich mit ihnen vergleichen zu können. Es tut manchmal auch ganz gut zu erkennen, dass man nicht so einzigartig ist, wie man denkt. Für mich war es damals, so kurz nach dem Abschluss, eine tolle Erfahrung, Feedback zu bekommen, zu sehen, was funktioniert und was nicht, und dass man vielleicht nicht die Einzige ist, die sich mit einem bestimmten Thema auseinandersetzt.

Welche Bedeutung hatte die Teilnahme am Pure Talent Contest 2015 für dich und VANTOT?

Der damals nominierte Beitrag von mir – der in zwei Ebenen aufgebaute Teppich „Passage“ aus Holz und Glas, dessen Muster sich verändert, wenn man sich darüber bewegt – untersuchte Lowtech-Möglichkeiten für interaktives Design. Mein Partner Sam van Gurp hatte mit der Leuchte Exploded View gewonnen. Gleich im Anschluss haben wir unser Studio gegründet. Heute machen wir vor allem Beleuchtungskonzepte, die zum Teil auch interaktiv sind, da wir stets darüber nachdenken, wie Menschen in Beziehung mit dem Licht treten und es intuitiv verändern können.

Mit welchen Erwartungen gehst du auf die imm cologne?

Ich bin einfach dankbar, diesen Job ausüben und mit den Händen arbeiten zu können, auf eine Messe gehen und Menschen aus aller Welt treffen zu können. Das alles hat für mich nach der Pandemie-Erfahrung noch eine ganz andere Bedeutung bekommen. Tatsache ist, dass die Designergeneration, deren Arbeiten wir jetzt im Pure Talents Contest sehen, mit einer sehr ungewöhnlichen Ausbildung antritt, weil vieles von zuhause aus gemacht werden musste. Es wird interessant sein zu sehen, was sie daraus machen.