Köln: 12.–16.01.2025 #immcologne

DE Icon Pfeil Icon Pfeil
DE Element 13300 Element 12300 EN

Interview Marco Dessi zum PTC imm cologne 2024

Seite teilen
DruckenSeite drucken Lesedauer ca. 0 Minuten

Dessí’s Ansatz ist praktisch und kooperativ, Design wird als interaktiver Prozess verstanden. Seine Einblicke zu dem diesjährigen Pure Talents Contest als Jurymitglied teilt er uns in einem Interview mit.

Marco Dessí, Foto: Guido Schiefer

Marco, was war dein Eindruck von den diesjährigen Einreichungen zum Pure Talents Contest?

Das Interesse der Teilnehmer an neuen Materialentwicklungen ist auffällig hoch Diese Designergeneration ist neugierig, sie forscht und versucht, Abfallprodukte der Industrie zu verwerten und in Kreislaufkonzepte zu entwickeln. Die Experimente wurden oft bis hin zu konkreten Anwendungen entwickelt zum Teil wirklich überzeugend – das ist super!

Wie kamen die veränderten Produktkategorien bei den Wettbewerbsteilnehmern an, die weniger auf das Produkt als auf Anwendungsbereiche abzielen und mehr in die Zukunft schauen lassen?

Neben den klassischen Möbeln sahen wir in der Jury viele konzeptionelle Arbeiten, in denen es um Themen wie Tiny Spaces, Multifunktionalität und Ähnliches ging, die auf realistische Anwendungsbereiche hin entwickelt waren – nicht in Erfüllung eines rein formalen Anspruchs, sondern als konkrete Antworten auf die Bedürfnisse einer neuen Gesellschaft.

War das Feld mehr konsumorientiert oder experimentell ausgerichtet?

Ich würde sagen es war relativ ausgeglichen zwischen experimentell und ready to market, aber der experimentelle Output war schon recht hoch. Ich habe das Gefühl, die Motivation, für die Industrie zu entwerfen, ist bei Studenten heute nicht mehr so stark wie zu meiner Zeit.

Woran liegt das?

Zum einen haben Limitierte Editionen und Collectibles für die Branche eine Veränderung bewirkt. Die Diskussion „Ist das überhaupt noch Design oder schon Kunst?“ hat sich in den letzten Jahren aufgelöst. Auf der anderen Seite hat sich die Industrie sehr angepasst und kommerzialisiert und übt nicht mehr dieselbe Faszination auf junge Designer aus wie früher. Wenige Unternehmen besitzen die Ausdruckskraft wie noch vor 20 oder auch nur 10 Jahren. Die eigentliche Produktkultur mutiert mehr und mehr zum Lifestyle, bei dem der Kontext manchmal wichtiger erscheint als das Produkt selbst. Vielen geht es heute um andere Dinge. Die Fragen, die viele junge Designer zu beantworten suchen, sind heute oftmals andere als diejenigen, die Hersteller stellen.

Siehst du auch Anzeichen für einen stilistischen Wandel?

Das nordische Design mit seiner „Wohlfühl“-Formensprache hat diese Branche in den letzten Jahren formal und inhaltlich extrem beeinflusst. Die starke Verbreitung eines emotional aufgeladenen Minimalismus mit weichen, runden Formen hängt aber auch mit dem Zuwachs an Polstermöbeln zusammen, die gerade im Dining- und Hospitality-Bereich stark nachgefragt werden. Materialien, Haptik und Textilien werden immer wichtiger. Stilistisch erkennt man auch immer mehr Einflüsse aus den verschiedensten Bereichen, es bleibt spannend.

Welche Erfahrungen aus deiner Teilnahme am Designwettbewerb der imm cologne haben dich weitergebracht?

Das war eine super Erfahrung! Ich habe zweimal teilgenommen - einmal 2005mit meinem Radiator-Projekt – einer Neuinterpretation des klassischen Industrieheizkörpers, der zwar nicht in Produktion ging, aber noch jahrelang in der Presse war und mir viel Auftrieb gegeben hat, und dann mit meinem Prater Chair, der als Prototyp präsentiert wurde und nun im Handel zu finden ist. Ich habe das Designstudium mit einer vagen Vorstellung von Design begonnen; ich kam von einem technischen Beruf und suchte nach mehr Ausdrucksmöglichkeiten. Durch diese Wettbewerbe hat es mich letztlich auch in diese Branche gezogen. Wettbewerbe haben eine Brückenfunktion zwischen Studium und Beruf, sie geben Bestätigung, dass man auf dem richtigen Weg ist, sich in diesem Bereich wohlfühlt und einen Beitrag dazu leisten kann.

Was war das Besondere an dem Kölner Wettbewerb?

Der konkrete Kontakt mit der Messe und mit den Herstellern – das ist schon eine Besonderheit. Wettbewerbe werden von verschiedensten Institutionen ausgeschrieben mit unterschiedlichen Erwartungen – oft ist es nicht viel mehr als ein Aushängeschild. Der Pure Talents Contest bietet die einmalige Chance, einen Ausstellungsplatz zu gewinnen. Er schafft für den Nachwuchs ideale Situationen, bei denen man auch in Dialog mit der Industrie kommt. Es ist wichtig, sich nicht nur mit der Konzeption einer Idee auseinanderzusetzen, sondern sich sehr früh mit der Entwicklung zu beschäftigen: Wie verändert sich die Idee im Entwurfsprozess, wenn ich die auch wirklich umsetze?

Hast du den Eindruck, dass es nach der Pandemie-Erfahrung eine neue Lust an verspieltem oder glamourösem Design gibt?

Verspieltes Design gab es schon immer. Meiner Meinung nach ist das Design weder verspielter noch ernsthafter als vor der Pandemie. Von den Ansätzen erscheinen mir die Einreichungen gar nicht so unterschiedlich zu den Arbeiten unserer Jahrgänge. Aber bestimmte Themen sind wichtiger geworden: das Materialthema, ressourcen- und energieschonendes Bauen, Kühlen, Kochen, Heizen. Wie könnte das alles in Zukunft aussehen?